Kleine Handlungsübersicht

Intervention

Missbrauch in den eigene Reihen erfahren zu müssen, ist wohl das Schlimmste, was sich viele Verantwortliche aus den Arbeitsbereichen mit Kindern und Jugendlichen vorstellen können.

Hier ist entscheidend, dass es nicht darum geht, die Einrichtung zu schützen, sondern die Kinder. Es ist ein Muss und ein Qualitätsmerkmal, sich dieser Herausforderung zu stellen und sich aktiv damit auseinanderzusetzen.

Die wohl anspruchsvollste Aufgabe bei einem Verdacht auf Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist die Planung der Interventionsmaßnahmen. Hier sind ein hoch professionelles Handeln und ein Zusammenwirken von Personen mit unterschiedlichen beruflichen Kompetenzen notwendig. Für die Verantwortlichen und Fachkräfte bedeutet dieser Prozess eine starke emotionale Belastung mit einer enormen fachlichen Anforderung. Unsicherheit kann darüber bestehen, welche Maßnahmen zwingend notwendig, beherzt und besonnen ergriffen werden müssen.

Ziele der Intervention sind:

  • eine schnelle Klärung des Verdachts
  • eine zeitnahe Beendigung des Missbrauchs, wenn sich der Verdacht bestätigt hat
  • ein nachhaltiger Schutz der Betroffenen
  • eine angemessene Hilfe für alle Beteiligten
  • Entlastung des/r Beschuldigten, wenn sich der Verdacht als haltlos erweist.

Grundlagen zur Durchführung von Interventionen – Kurzdarstellung

Für jeden Einzelfall gilt:

Ruhe bewahren und nicht überstürzt handeln, denn es müssen jetzt die weiteren Vorgehensweisen geplant werden.

Dem Verdacht müssen Alternativhypothesen gegenübergestellt und beides mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft werden, um den Wahrheitsgehalt zu erkennen.

Jede fallbezogene Information muss dokumentiert werden. Dabei ist es wichtig, Fakten von Vermutungen zu trennen. Die Dokumentation ist zu datieren und dient als Gedächtnisstütze sowohl während des Hilfeprozesses als auch bei gerichtlichen Verfahren.

Einem vermutlich missbrauchten Kind muss Vertrauen geschenkt werden! Gleichwohl bleiben wir auf der Suche nach der “objektiven Realität“. Das Kind sollte – seinem Entwicklungsstand angemessen – über die geplanten Interventionen informiert werden. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, die Ängste und Widerstände des Kindes zu berücksichtigen.

Allerdings kann es in Ausnahmesituationen dazu kommen, dass zum Schutz des Kindes Entscheidungen gegen dessen Willen getroffen werden müssen, z.B. wenn das Kind nach einem Missbrauch durch ein Familienmitglied in große Loyalitätskonflikte kommt.

Teamarbeit und ein regelmäßiger kollegialer Austausch sind zwingend notwendig. Handlungsschritte müssen abgestimmt werden. Aufgaben und Verantwortung für den Interventionsprozess müssen auf verschiedene Personen verteilt werden.

  • Die Einrichtungsleitung und das Team müssen informiert werden
  • Themenbezogene Fachkräfte müssen hinzugezogen werden
  • Das Jugendamt muss informiert werden und kann gegebenenfalls eine Risikoeinschätzung durchführen
  • Fallkonferenzen müssen durchgeführt werden, um den Sachstand abzugleichen
  • Ein Hilfeplan muss erstellt werden
  • Eigenständige Hilfsangebote für alle Betroffenen müssen installiert werden

Für Institutionen gilt: Bei Verhärtung des Verdachts gegen Mitarbeitende müssen arbeitsrechtliche Schritte gegen den Beschuldigten vorgenommen und die Strafverfolgungsbehörde eingeschaltet werden.

Einrichtungen, die diese Schritte hinter sich gebracht haben, können ihre Arbeit aber nicht an dieser Stelle beenden. Wichtig ist, dass nun eine gute Aufarbeitung innerhalb der Einrichtung erfolgt, damit eine deutliche Zäsur stattfindet und eine guteWeiterarbeit ermöglicht werden kann.